Hier sitze ich nun an Tag fünf in Portugal und warte auf meine Pasta mit Meeresfrüchten. Geschafft! Wir sind tatsächlich knapp 1200sm gesegelt und nun in der wunderbar warmen Algarve. So richtig realisiert habe ich noch immer nicht, dass ich mit dem Schiff hier hergekommen bin. Dabei ist die Reise mehr als eindrücklich gewesen. Das Titelbild ist gleichzeitig wohl auch das Bild, dass unsere 7 Tage auf See am besten beschreibt. Aber von vorn…
Tatsächlich hat mich unser Skipper vor der Tour gefragt, ob ich als watchleader fungieren möchte. Es gab vorher schonmal ein Gespräch in die Richtung und ich habe ja gesagt und war dabei ein wenig stolz gefragt worden zu sein, gleichzeitig packte mich plötzlich die Sorge. Als watchleader bin ich verantwortlich für eine der zwei Wachen, in denen wir segeln. Verantwortlich bedeutet dabei, dass alle durchzuführenden Manöver angeleitet bzw überblickt werden müssen, die Crew organisiert und vor allem die Sicherheit gewährleistet werden muss. In anderen Worten: Ich hätte gern mindestens zwei Augenpaare mehr, vier Hände und die Fähigkeit an mehren Orten gleichzeitig zu sein.
Los ging es mit einer riesigen Zeremonie in London als wir am letzten Sonntag die Leinen los machten. Der ganze Medienrummel und alles drum herum war recht aufregend und es war gut, dass wir vor dem eigentlichen Start noch einmal eine Nacht vor Anker hatten. Am Montagmorgen begann das Rennen. Der Start lief gut und es ist einfach ein herrliches Bild, diese wunderbaren riesigen Boote alle so dicht beieinander konkurrieren zu sehen.
Am Abend stiegen wir dann offiziell in das Wachsystem ein. Für den Start wollten noch alle an Deck sein, aber allen war klar, dass die Müdigkeit sich sehr bald einstellen würde. Insgesamt fahren wir mit einem 6, 6, 4, 4, 4 System. Tagsüber sind wir 6 Stunden wach und in der Nacht vier. Die erste Wache geht also von 6-12, dann von 12-18, von 18-22, 22-2, 2-6 etc. Jeweils beim Wachwechsel werden alle Dinge an Bord kurz besprochen, um 6, 12 und 18 Uhr gibt es Essen. Insgesamt liegt die längste Zeit, die ich während meine Off-Watch geschlafen habe, wohl so bei 4 Std.
Wir teilen uns ein Bett mit unserem jeweiligen Partner in der anderen Wache. Entsprechend ist auch gute Organisation mit der Kleidung gefragt, denn später nochmal etwas raussuchen wird schwierig. Mike, der andere Wachtleader ist mein bunk-buddy. Wir wecken uns gegenseitig 40 min bevor unsere Wache losgeht.
Durch das Wachsystem verschwimmen die Tage komplett miteinander. Über jeden einzelnen Tag der letzten Woche könnte ich einen eigenen Beitrag schreiben. Ich hoffe, dass ich später nochmal etwas mehr Zeit habe, um über alles ausführlicher zu berichten.
Die ersten Tage ging es im Kanal gegen den Wind an. Das hat die Gespräche etwas verstummen lassen, da etwa die Hälfte der Crew mit Seekrankheit kämpfte und alle recht mit sich selbst beschäftigt waren und den Herausforderung einhändig zu Essen, Zähne zu putzen, 5 Meter an Deck in etwa 5 Minuten zu bewältigen etc. Als es endlich auf einen downwind Kurs ging, waren alle erleichtert. Aber der Wind nahm zu und recht schnell wurde aus unserem annehmen Spinnaker-Surf eine kleine Katastrophe. Unser Spi hat sich um das innere Vorstag gewickelt und nichts half mehr, um es herunter zu bekommen. Letztlich schickten wir einen Mann den Mast rauf, um das Fall zu zerschneiden, doch auch das half nicht. Die Dunkelheit brach herein und wir verloren noch ein zweites Fall, das allein durch die Reibung in zwei Teile aufgelöst wurde (die Hülle löste sich vom Kern). Am Ende bliebt uns bei Einbruch der Dunkelheit nichts anderes übrig, als das Spi so gut wie möglich zu sichern. Gleichzeitig hatte sich beim Reffen des Grosssegels das Fall in der Befestigung unseres mobilen Backstags verfangen. Im Ausnahmezustand segelten wir mit reduzierter Segelfläche durch die Nacht.
Da wir noch immer in einem Rennen waren wurde am nächsten Tag das zweite Spi gehisst, Wir waren wohl das einzige Boot, das gleichzeitig zwei Spi flog (siehe Bild ;)..) Irgendwann liess der Wind nach, wir konnten unser Spi befreien, alle Schäden an Deck begutachten und so gut wie möglich mit provisorischen Reparaturen versehen.
Gegen Ende wurde das Rennen richtig spannend und nach Stunden hoch konzentriert am Ruder durfte ich uns schliesslich mitten in der Nacht etwa eine Minute hinter UNICEF über die Ziellinie steuern. Kaum über die Linie, konnte ich nicht mehr gerade stehen. Die letzten Tage hatten ihren Tribut gefordert. Ich hatte mir noch in England eine Erkältung eingefangen und etwa an Tag drei hatte sich meine Stimme komplett verabschiedet. Meine Wache schien erstaunlich erfreut über die plötzliche Ruhe an Deck… 😀 Endlich im Hafen schien dann die Erholung und eine kleine Verschnaufpause nahe.
Wir wurden wunderbar begrüsst und morgens um 7 stießen wir alle erleichtert mit dem ersten Bier an. Und dann mit dem zweiten… Hinterher wurde noch das Boot geputzt und dann konnte ich gerade noch lange genug aufrecht stehen, um eine ausgiebige Dusche im Hotel zu geniessen.
Seitdem arbeiten wir an dem Boot, um es fit für die Überfahrt nach Punta zu bekommen. Aber auch das ein oder andere Glas am Abend findet Platz und innerhalb von vielleicht zwei Wochen ist aus einer Gruppe von Fremden eine Familie geworden.
Nun muss ich mich beeilen, damit meine Pasta nicht kalt wird und dann geht es zurück zum Schiff.
Cheers!
Caro
(Ankunft in Portimao)
(Arbeiten an Deck)
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